Brandschutz für Turm des Kölner Doms – Feuerprobe bestanden

Der Real-Testfeuerversuch am Kölner Dom erfolgte im November 2010 als Großübung der Feuerwehr Köln. 80 Jugendfeuerwehrleute nahmen als Statisten daran teil. (Bild: Feuerwehr Köln/Thomas Pietron, Adrian Wrobel)Mehrere tausend Besucher täglich besteigen den Südturm des Kölner Domes. Mit einem kombinierten Brandschutz- und Evakuierungskonzept erfüllt das historische Treppenhaus alle Auflagen des modernen Brandschutzes.

Mit seinen knapp 160 Metern Höhe ist der südliche der beiden Kölner Domtürme ein echter Besucher-Magnet: Von den bis zu 5.000 Menschen, die täglich den Kölner Dom besichtigen, besteigen viele den Südturm und werden mit einem spektakulären Ausblick belohnt. Um diese Besucherströme optimal bewältigen zu können, erschließt seit 2009 ein neuer, architektonisch anspruchsvoller Zugangsbereich den Turm von außen. Damit ergab sich jedoch eine völlig neue Brandschutz-Situation: Denn wenn in den unterirdischen Kassen- und Servicebereichen ein Feuer entstünde, würde das enge steinerne Treppenhaus des Turmes schnell verrauchen und die Besucher ohne Fluchtmöglichkeit einschließen.

Evakuierung im Turm-Treppenhaus

Siemens und die Berufsfeuerwehr Köln entwickelten deshalb – begleitet durch den TÜV Rheinland – ein Konzept, das im Brandfall die Evakuierung der Turm-Besucher aus dem Treppenhaus über das Innere des Domes ermöglicht. Sowohl der Zugangsbereich als auch das Treppenhaus und die Zugänge der Evakuierungsbereiche werden über zwei Technologien brandschutztechnisch überwacht: automatische Rauchmelder mit ASA-Technologie, die sich über entsprechende Parametersätze individuell an die Umgebungsbedingungen anpassen lassen, und extrem sensible Ansaugrauchmelder (ASR).

Wird ein beginnendes Feuer detektiert, lösen die vier vernetzten Brandmelderzentralen die im Vorfeld ausgearbeiteten komplexen Steuerungen situationsabhängig und zielgerichtet aus: So werden automatisch Türöffnungssysteme in den Zwischengeschossen aktiviert. Sie geben – je nach Szenario – automatisch den Zugang zu zwei Fluchträumen auf 20 und 45 Meter Höhe frei. Zusätzlich zeigen optische Signalgeber den Rettungsweg zu den Fluchträumen an.

Unterstützt durch ein Sicherheitskonzept, das das domeigene Personal einbindet, können die Besucher in diesen Bereichen sicher abwarten, bis sie die durch das Brandmeldesystem informierte und geführte Feuerwehr evakuiert. Zusätzlich ermöglichen dort angebrachte Handfeuermelder den Besuchern auch eine manuelle Alarmierung. Beide Räume sind Bestandteil des Dom-Innenraumes und von dort aus zugänglich. Die Evakuierung kann dann ebenfalls auf diesem Weg erfolgen.

Unter Denkmalschutz

„Wo es – wie hier – Sinn macht, nutzen wir selbstverständlich moderne Technik“, macht Dombaumeisterin Prof. Barbara Schock-Werner klar. „Und natürlich geht es neben der Sicherheit für unsere Besucher auch darum, die wertvollen Kunstwerke im Dom zu erhalten und zu schützen.“ Als Leiterin der Dombauverwaltung ist Schock-Werner jedoch auch für die Einhaltung des Denkmalschutzes verantwortlich: „Die Schwierigkeit besteht für uns immer wieder darin, die Erfordernisse eines funktionalen Gotteshauses mit denen eines bedeutenden Kulturdenkmals zu verbinden.“

Für die Installation notwendiger technischer Einrichtungen gibt es klare Vorgaben, die die Dombaumeisterin ganz pragmatisch auf eine kurze Formel bringt: „Bei uns wird kein Loch gebohrt.“ Alle technischen Komponenten müssen sich also wieder entfernen lassen, ohne Spuren zu hinterlassen oder die Bausubstanz zu schädigen.

Für die Umsetzung des Brandschutzkonzeptes im Südturm waren deshalb außergewöhnliche Lösungen gefragt. So wurden die Ansaugrauchmelder nicht angeschraubt, sondern mittels einer Klemmkonstruktion aus korrosionsfreiem Edelstahl befestigt. Auch Brandmelder und Leitungen wurden versteckt und ohne Bohrlöcher installiert.

Testfeuer und Bewährungsprobe

Nach Abnahme der gesamten Anlage führten Siemens und der TÜV Rheinland im November 2010 zusätzlich einen Real-Testfeuerversuch mit 80 Jugendfeuerwehrleuten als Statisten durch. Dafür wurde – in Anlehnung an das definierte Testfeuer TF2 – mit einem speziellen VdS-Brandgasgenerator ein echter Schwelbrand simuliert, bei dem trotz der sehr komplexen Luftströmungen im Kölner Dom eine schnelle und zuverlässige Branddetektion nachgewiesen werden sollte. Die Branddetektion erfolgte in dem Realversuch dann auch sehr rasch und präzise; die Steuerungen lösten wie vorgesehen aus. Die vorher nicht informierten Testpersonen gelangten im Rahmen einer Großübung der Feuerwehr Köln ohne Verzögerung in die Fluchträume und wurden durch die Feuerwehr sicher aus dem Gebäude geführt.

Nur wenige Tage später konnte sich die Anlage dann auch in einem echten Brandfall bewähren: Eine defekte Leitung hatte in einer Zwischendecke des Zugangsbereichs einen Schwelbrand verursacht. 113 teils ausländische Gäste wurden über das Brandschutz- und Evakuierungskonzept in Sicherheit gebracht und die Brandursache konnte frühzeitig bekämpft werden.

Konzeptioneller Brandschutz

Dieser Realbrand belegt eindrücklich die Wichtigkeit eines konzeptionellen Brandschutzes sowie einer auf das Objekt abgestimmte Brandmeldeanlage. Ebenso wichtig ist deren einwandfreie und nachgewiesene Funktionsfähigkeit, insbesondere in Sonderbauten oder bei Anlagen mit besonderen Anforderungen für eine zuverlässige Sicherheit.

Weiterhin zeigt der Erfolg dieser Anlage, dass sich Denkmalpflege und hohe Anforderungen im Bereich Personenschutz und Kulturgutsicherung nicht ausschließen. Individuelle Konzepte mit modernster Technik – abgestimmt auf das Schutzziel sowie die örtlichen Gegebenheiten und eingebunden in entsprechende Alarmorganisationen – führten hier zum Erfolg. Das ergänzende Siemens-Konzept für Wartung und Instandsetzung sichert auch in der Folge die Funktionalität der Brandmeldeanlage und die damit verbundene Betriebsicherheit. Zudem gewährleistet es zukünftige Anpassungen an eventuelle Veränderungen.

Der TÜV Rheinland sorgt darüber hinaus für ein Höchstmaß an Sicherheit für alle Beteiligten. So erfolgte bereits bei Abnahme die Begutachtung und Beurteilung aller technischen Maßnahmen. Später begleiteten die Prüfer den Realversuch. Wiederkehrende Prüfungen und das bereits bei der Planung eingeführte Controlling des TÜV stellen die Einhaltung der hohen Standards langfristig sicher.

Dieter Hennig, zertifizierter Fachplaner und Sachverständiger Brandschutz bei der Siemens AG, Division Building Technologies.

 

Text:  Fachartikel W&S2/2001 Rubrik: Öffentliche Sicherheit Branschutz
Bild:  Feuerwehr Köln/Thomas Pietron, Adrian Wrobel

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