Fachartikel aus PROTECTOR Special Brandschutz 2012- Brandmelder für Recycling-Anlagen

Brandschutz für die Tonne

Graue Tonne, blaue Tonne, gelber Sack – Abfalltrennung ist für viele Verbraucher selbstverständlich. Auch Elektronikschrott, Altreifen oder Matratzen werden wiederverwertet. Die Kehrseite der Medaille: die Brände in Recyclinganlagen sind in den letzten Jahren signifikant angestiegen.

Dichter, schwarzer Rauch und hohe Flammen sind der Presse immer einen Aufmacher wert – zumal mit einer Gesundheits-gefährdung der Bevölkerung immer zu rechnen ist. Häufig endet so ein Schadenfall für die betroffenen Unternehmen in der Pleite. Geeignete Brandschutz-maßnahmen als Insolvenzprävention und zum Schutz der Anwohner von Recyclingbetrieben sind also angesagt.

Die Brandursachen in diesen Anlagen sind ähnlich wie in anderen Gebäuden: Schäden in der Elektroinstallation, unvorsichtiger Umgang mit offenem Feuer, Brandstiftung. Eine Brandursache kommt allerdings signifikant häufig in Kunststoffrecycling-Anlagen vor: die Selbstentzündung. Die ist kein Hexenwerk, sondern Folge komplexer mikrobiologischer, chemischer und physikalischer Prozesse. Brandschutz für Recycling-Anlagen ist also ein heißes Thema.

Definition der Maßnahmen

Um die geeigneten Brandschutzmaßnahmen zu definieren, ist ein Brandschutzkonzept erforderlich, das individuell für das betreffende Unternehmen erstellt wird. Die VdS-Richtlinien 2517 (Sortierung, Aufbereitung und Lagerung von brennbaren Sekundärrohstoffen – Richtlinien für den Brandschutz) und 2513 (Brandschutztechnische Richtlinien für die Lagerung von Sekundärrohstoffen aus Kunststoff) konkretisieren die Brandschutzanforderungen und –maßnahmen für Industrie und Betriebe aus Sicht der Industrie-Feuerversicherung. Für Kunststoffrecyclinganlagen ist die Musterrichtlinie über den Brandschutz bei der Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff (Muster-Kunststofflager-Richtlinie – MKLR) zu beachten.

Das Brandschutzkonzept definiert die vorbeugenden und abwehrenden Brandschutzmaßnahmen. Bei den vorbeugenden Maßnahmen nimmt die Brandmeldeanlage (BMA) als anlagentechnische Komponente eine wichtige Rolle ein. Über sie ist eine frühzeitige Detektion des Brandes sichergestellt. Die BMA warnt anwesendes Personal im Gebäude, alarmiert die Feuerwehr, steuert eine vorhandene stationäre Löschanlage an und löst Brandfallsteuerungen, zum Beispiel RWA-Anlagen, aus.

Linienförmige Rauchmelder

Was hier mit „frühzeitiger Detektion“ leicht daher gesagt ist, stellt sich in der Praxis als eine äußerst schwierige Aufgabe heraus. Die Umgebungsbedingungen für Brandmelder sind in Recyclinganlagen äußerst schwierig. Relativ problemlos können Wärmemelder eingesetzt werden. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie einen Brand erst relativ spät entdecken. Rauchmelder sind also erste Wahl in diesem Umfeld. Nur stoßen punktförmige Rauchmelder an ihre Grenzen. Bedingt durch eine Vielzahl von Störgrößen in den Objekten sind Täuschungsalarme vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass in Recyclinganlagen Gase auftreten, die die Elektronik der Melder schädigen. Dieses Problem tritt auch bei Ansaugrauchmeldern auf. Bei ihnen ist zudem die Installation aufwändig und im Betrieb müssen die Ansaugleitungen mit Druckluft ausgeblasen werden. Hinzu kommen die Kosten für Serviceeinsätze außerhalb der turnusmäßigen Wartungsintervalle.

Ideal für Recyclinganlagen sind deshalb linienförmige Rauchmelder nach dem Durchlichtprinzip. Sie funktionieren nach folgendem Prinzip: An zwei gegenüberliegenden Wänden angebracht, überwacht der linienförmige Rauchmelder den Luftraum auf seiner gesamten Länge – die bis zu 100 Meter betragen kann. Freie Sicht ist Voraussetzung. Der linienförmige Rauchmelder spricht sowohl auf Rauch als auch auf Wärme, das heißt konkret auf das Flimmern der Luft, an. Für den praxisgerechten Einbau stehen Sender/Reflektor- und Sender/Empfänger-Systeme zur Verfügung. Das große Plus des linienförmigen Rauchmelders: Installation und Wartungsaufwand sind auch bei Großobjekten sehr einfach. In stark staubhaltiger Umgebung, wie Recyclinganlagen, sollten vorzugsweise Sender-/Empfänger-Systeme eingesetzt werden.

Veränderung der Amplitude und Frequenz

Ein vom Sender ausgehender Infrarotstrahl durchquert den Überwachungsbereich, nimmt die Informationen eines entstehenden Brandes auf und erreicht den Empfänger, der die Auswertung vornimmt. Die Wirkungen des Brandes verändern die Amplitude und die Frequenz des Lichtstrahls. Jede Beeinflussung wird vom Empfänger erkannt und analysiert. Die Auswertung orientiert sich nicht alleine an der Entwicklung der Absorption (Strahlschwächung), sondern erfasst durch Frequenzanalysen in bestimmten Spektralbereichen auch die typischen Modulationsfrequenzen, die bei der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes präsent sind. Die optimale Auswertung vieler Parameter erlaubt eine zuverlässige Aussage über die Präsenz von Rauch und Feuer.

Bei Überschreiten des Grenzwertes innerhalb einer bestimmten Zeit erfolgt Alarm (sehr langsamer Schwelbrand, zum Beispiel bei Baumwollballen). Das System ist äußerst unempfindlich gegen Störungen durch Staub oder Dampf. Ein sehr langsamer Anstieg des Grundsignals wird vom System bis zu einem gewissen Grad korrigiert (Verschmutzungs-kompensation).

Projektierung

Linienförmige Rauchmelder können in Raumhöhen von sechs bis 20 Metern eingesetzt werden. Minimale Raumhöhe sollte der durch Personen nicht mehr erreichbare Raum (ab drei Metern) sein. Für Systeme in staubhaltiger Umgebung sollten mindestens sechs Meter eingehalten werden.

Je nach örtlichen Gegebenheiten sind auch Anwendungen über 20 Meter Raumhöhe realisierbar. In diesem Fall müssen zwei übereinander liegende Detektionsebenen vorgesehen werden. Je nach Raumgeometrie ist es auch möglich, die linienförmigen Rauchmelder diagonal oder vertikal im Raum zu positionieren. So kann der kumulierende Effekt des aufsteigenden Rauches genutzt werden. Da diese Art der Projektierung von der Norm abweicht, ist sie im Vorfeld mit dem zuständigen Sachverständigen abzustimmen. Es ist auch möglich, mit der technischen Prüfstelle der VdS-Schadenverhütung Vor-Ort-Prüfungen durchzuführen.

In jedem Fall wird bereits in der Planungsphase ein Testfeuer empfohlen, das die möglichen Orte mit Rauchansammlungen aufzeigt. Testfeuer sind auch eine geeignete Maßnahme, um einem anderen Phänomen zu begegnen – den Wärmepolstern.

Wärmepolster beachten

Eine Detektion kann nur dann erfolgen, wenn der Rauch frühzeitig zum Melder gelangen kann. Die Position der Melder im Raum ist daher für eine frühe Detektion entscheidend. Gerade im Sommer verhindern Wärmepolster, dass der Rauch bis an die Decke gelangt. Wurde der Lichtstrahl nun im Wärmepolster projektiert, so sammelt sich der Rauch unter dem Wärmepolster und damit auch unter dem Melder. Der Rauch muss nun eine enorme Energiemenge erreichen bis er in das Wärmepolster eindringen und es soweit durchbrechen kann, dass Rauch zum Melder gelangt. Der Melder muss deshalb immer unterhalb eines zu erwartenden Wärmepolsters montiert werden. Alternativ kann als Ergänzung zu den unter der Decke installierten Meldern ein weiterer Melder in einer zusätzlich darunter liegenden Ebene angebracht werden. Es ist ratsam, bereits in der Planungsphase über ein Testfeuer bestehende Wärmepolster aufzuspüren und bei der Planung der Melder zu berücksichtigen.

Unterschiedliche Dachformen, wie Flachdach, Sheddach, Satteldach, Kuppeldach, erfordern eine auf die jeweilige Dachform abgestimmte Montage der Sende- und Empfangseinheit des Melders.

Reduzierung von Täuschungsalarmen

Neben der richtigen Platzierung der Melder ist wichtig, für die täuschungsalarmfreie Funktion zu sorgen. Es kann unerlässlich sein, vor Ort umfangreiche Versuche mit verschiedenen Brandgütern und unterschiedlichen Empfindlichkeitseinstellungen der Melder durchzuführen. Mit einer Zwei-Gruppenabhängigkeit erzielt man ebenfalls sehr gute Ergebnisse.

Um der hohen Zahl von Bränden in Recyclinganlagen vorzubeugen, sind Brandschutzmaßnahmen unerlässlich. Brandmeldeanlagen sind ein wesentlicher Teil dieser Maßnahmen. Zusammen mit den baulichen und betrieblich-organisatorischen Maßnahmen sorgen sie dafür, dass die Folgen eines Brandes möglichst gering sind.

Text. Andreas Schneckener, Produktmanager Brandmeldesysteme, und Detlef Solasse, Werbeleiter, bei der Hekatron Vertriebs GmbH
Bild1: Feuerwehr Essen
Bild2: Hekatron GmbH

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