Eingriffschutz nach Maschinenrichtlinie – Welche Folgen hat die Maschinenrichtlinie für die Fensterautomation?

Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MaschRL) wurde am 9. Juli 2006 in einer Neufassung veröffentlicht und ist im Rahmen des Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSGV) seit dem 29.
Dezember 2009 verbindlich anzuwenden. Was bedeutet dies für elektromotorisch gesteuerte Fenster?

Moderne Gebäude setzen vermehrt zur Erreichung der Raumluftqualität auf die natürliche Be- und Entlüftung. Um dies zu erreichen werden Fenster elektromotorisch gesteuert. Zusammen mit fortschrittlichen Regelalgorithmen und energiesparenden Komponenten aus der Steuerund Regelungstechnik ist die Umsetzung bereits heute ohne Kompromisse möglich. Bedarfsgerechtes Öffnen und Schließen von Fenstern, Klappen oder Lamellen gewährleistet einen Luftaustausch gemäß den aktuellen Normen, wie zum Beispiel der DIN EN15251 ‘Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden… oder der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) mit der Forderung nach gesundheitlich zuträglicher Atemluft. Um ein Fenster elektrisch zu öffnen oder zu schließen werden entsprechende Antriebe benötigt. Diese Antriebe, umgangssprachlich auch Motoren genannt, werden fest an den Fenstern montiert. Für die unterschiedlichsten Fensterformen und Designansprüche steht eine Vielzahl von unterschiedlichen Antrieben zur Verfügung. Um auch große oder schwere Fenster bewegen zu können, stehen diese Antriebe auch in unterschiedlichen Hub- und Zugkräften zur Verfügung. Nicht selten werden Antriebe verbaut mit Kräften von 500N (Newton) und weit darüber. Dabei stellt sich die Frage: Was ist eine Maschine?

Elektromotorisches Fenster ist eine Maschine

Gemäß MaschRL wird eine Maschine definiert als Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind und die Beweglichkeit durch eine externe oder gespeicherte Energie erreicht wird’. Somit stellt ein elektromotorisches Fenster eine Maschine im Sinne der MaschRL dar und unterlieg einer Risikobeurteilung, CE Kennzeichnungspflicht und ggf. einer Schutzeinrichtung. Die Verbände BHE (Bundesverband der Hersteller- und Errichterfirmen von Sicherheitssystemen) und der ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektroindustrie) stehen hier als kompetente Partner zu Fragen der Kennzeichnungspflicht und den Pflichten als Inverkehrbringer zur Seite. Auch spezialisierte  internetseiten, wie z.B. www.kraftbetaetigtefenster.de, bieten umfassende Informationen zur MaschRL und Lösungen zum Schutz gegen eine mögliche Einklemmgefahr. Denn wann immer Fenster elektromotorisch, manuell oder automatisch, bedient werden und die Möglichkeit besteht, in solche Fenster hineinzugreifen, ist eine Schutzeinrichtung zur Abwehr dieser Gefahr einzusetzen.

Welche technischen Lösungen zum Einklemmschutz gibt es?

Der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften beschreibt in der BGR 232 für ‘Kraftbetätigte Fenster, Türen und Tore’ die Sicherung von Quetsch- und Scherstellen. Dort werden detailliert die Gefahrenpunkte an den Haupt- und Nebenschließkanten beschrieben, sowie die entsprechende Sicherung dieser Gefahrenstellen. Ein Absatz widmet sich zusätzlichen Anforderungen an ferngesteuerte Fenster, Türen und Tore. Somit auch an Fenster, die automatisch schließen bei einem Wind- oder Regensignal, an Fenster die temperaturgesteuert öffnen und schließen, und an Fenster die automatisch über eine Gebäudeleittechnik (GLT) geöffnet oder geschlossen werden. Für solche Anwendungsfälle beschreibt das Kapitel 4.7.3 der BGR 232 mögliche Produkte (Bauteile) für den Einklemmschutz. Auszug 4.7.3: „Zu den Bauteilen von Einrichtungen zur Sicherung von Quetsch- und Scherstellen zählen Schaltleisten, Lichtsender und -empfänger (Signalgeber), Leitungen (Signalübertragung), Druckwellenschalter, elektronische Schaltgeräte (Signalverarbeitung) und Schaltglieder (Befehlsnehmer), die unmittelbar oder über Leitung (Befehlsübertragung) mit der Signalverarbeitung verbunden sind und in den Steuerstromkreis einwirken.“ Solche Produkte stehen in vielfältigen Variationen zur Verfügung und können den Lösungsansätzen gemäß BGR 232 entsprechen. Da aber Maschinen – in diesem Fall elektrische Antriebe an Fenstern – gemäß MaschRL eine Maschine darstellen, müssen die Schutzeinrichtungen die Vorgaben der Maschinenrichtlinie erfüllen. Das bedeutet, dass eine ständige Abfrage der Funktionssicherheit des Schutzsystems stattfinden muss. Das Erkennungselement und die Auswerteinheit müssen entsprechend miteinander kommunizieren. Zusätzlich müssen die Bauteile ausfallsicher aufgebaut sein, was insbesondere bei mikroprozessorgesteuerten Bauteilen einen hohen Stellenwert besitzt. Ein Nachweis hierüber ob das System diese und noch weitere notwendige Merkmale aufweist, kann über entsprechende unabhängige Prüfungen erreicht werden. Der Aufbau und die Funktion muss der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG entsprechen, Prüfungen nach EN ISO13849-1 für die Sicherheit von Maschinen und zusätzlich EN62061 für den Nachweis der funktionale Sicherheit sicherheitsbezogener elektrischer, elektronischer und programmierbarer elektronischer Steuerungssysteme nach SIL. Wobei SIL für Sicherheits-Integritätslevel steht und unter anderem eine Ausfallwahrscheinlichkeit definiert.

Fazit

Geprüfte Systeme können somit uneingeschränkt eingesetzt werden, zum Schutz von Personen gegen Gefahren durch kraftbetätigte Fenster nach Maschinenrichtlinie, BGR 232 und Sicherheitslösungen für die Schutzklassen 1 bis 4 gemäß Risikobewertung.

 

Auto: Rainer Schulze, STG-BEIKIRCH
Bilder: STG-BEIKIRCH

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